Hierzu ein Beispiel: Ein Rokkaku mit 1,8 m Höhe hat etwa 2 qm Segelfläche. Bei 2 Bft Windstärke bringt er beim Start
nach Tabelle etwa 2 x 7,2 N = 14,4 N Zugkraft auf die Leine. Beim Aufstieg steigt die Kraft je Quadratmeter durch die zunehmende Fluggeschwindigkeit an, aber gleichzeitig sinkt die wirksame Segelfläche, der
Zug steigt also kaum. Ganz oben steht der Drachen schräg gegen den Wind, das reduziert die wirksame Segelfläche auf etwa 1 qm, also zieht er nur 7,2 N. Aber jetzt erfasst eine plötzliche Bö von 6 Bft den Drachen.
Dadurch können gefährlich grosse Kräfte entstehen. Wie kommt das? Zunächst steigt die Windkraft nur auf 126 N, das kann ich ohne Handschuhe nicht mehr halten, aber mein Bodenanker hält das gut. Das Drachengestänge
verbiegt sich unter dieser Last, der Drachen ändert seine Geometrie und beginnt hierdurch zu rotieren. Je schneller er dreht, umso "besser" wird sein Profil, umso schneller dreht, und umso stärker
zieht er. Wenn er beim Rotieren in Bodennähe kommt, wird fast seine ganze Segelfläche wirksam. Mit hoher Geschwindigkeit quer durch den Wind jagend zieht er 2 x 504 N, also über 100 Kilo. Lenkdrachenflieger kennen
das, zwei 100-Kilo-Leinen für 1,5 qm Drachen sind bei Starkwind ganz normal. Wir Einleiner stehen ungläubig daneben, wenn der kleine Drachen unseren stärksten Kumpel voll durch den Dreck zerrt. Für den Bodenanker
unseres Rokkakus sind 100 Kilo vielleicht schon zuviel. Manche Freunde haben ein 10 qm-Teil, die müssen bei einer 8 Bft-Bö mit 10 x 1132 N Schnurlast rechnen, das wäre das Gewicht eines Autos. Man sollte wirklich
darüber nachdenken, wie man derart gefährlichen Situationen vorbeugt. Ein Freund hat mir mal geraten: „Da hilft nur das Messer oder ein Panikhaken". Ich würde eher eine Sollbruchstelle im Gestänge vorsehen,
die bricht im Extremfall, dann kann ich den Drachen leicht herabziehen, oder er flattert locker zu Boden. Über Bodenanker gibt es gute Hinweise im Drachenforum. Bitte denkt auch über Eure Leinen nach. Ein
wichtiger Schwachpunkt ist der Knoten am Bodenanker, der halbiert die Reissfestigkeit der Leine. Auch das Alter mindert die Festigkeit der Leinen. Nach zwei Jahren hat eine PE-Leine (z.B. Spectra) hat nur noch
90% Reissfestigkeit und eine PA-Leine (z.B. Nylon) hat nur noch 70%. Wir Einleiner fliegen eher PA, nicht aus Geiz, sondern wegen der grösseren Dehnung, die harte Stösse weich abfedert. Kevlar-Leinen sind sehr
UV-empfindlich, sie altern besonders im Sonnenlicht. Strandflieger wissen hoffentlich, feiner Flugsand ist ein böser Leinenkiller. Man sieht den urlaubsgeschädigten Schnüren ihren schwachen Zustand nicht an.
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