Leos drachen 19 KB
Zugkraft Drachen

Dieser Text wurde mir von Hermann Reincke zur Verfügung gestellt. Danke Hermann.

Die Zugkraft eines Drachens, ein heisses und wichtiges Thema, besonders für Einleiner  Denn die Wahl eines zu schwachen Bodenankers kann schwere Unfälle verursachen, ganz abgesehen vom Verlust des Drachens.

Man sollte sich die wirkenden Kräfte ungefähr vorstellen können da  auch für Kaiter und gross Drachen Bauer. die Kräfte schell gefährlich werden können Hierzu die folgende Tabelle, sie zeigt ganz brauchbare Näherungswerte.

Die Tabelle zeigt links die Windstärke in Bft (Beaufort) und die entsprechende Windgeschwindigkeit in m/s und km/h, dann die statische Windkraft auf 1 qm Segelfläche, senkrecht im Wind stehend, zum Beispiel einen 1,2m-Rokkaku beim Start. Ganz rechts
die dynamische Windkraft bei schneller Bewegung des Drachens quer durch das Windfenster. Die Kräfte sind in Newton angegeben (10 N = 1kp oder 1 Kilo).

Im bewegten Zustand wächst die Kraft unheimlich an, weil der Drachen ähnlich dem Tragflächenprofil eines Flugzeuges zusätzlichen Auftrieb erhält, der vom Segelprofil und vom Quadrat der Geschwindigkeit abhängt. Für Flachdrachen rechne ich mit etwa dem Vierfachen des statischen Wertes. Für Lenkdrachen und für Drachen mit Tragflächenprofil, also Parafoils und Matten sind die Kräfte wesenlich stärker

(sehr schöne Demo in http://www.wissen.swr.de/warum/fliegen/themenseiten/t2/s1.html)
 

Wind- stärke

Windstärke

Windge-
schwindigkeit

Windge-
schwindigkeit

Windkraft
statisch

Windkraft
 dynamisch

Bft

Optisch

m/s

km/h

N

N

1

Rauch zeigt wind an. Windfahne bewegt sich nicht 

0.3-1.5

0.9-5.5

1.5

6

2

Windfahne bewegt sich Blätter säuseln Gräser wackeln

1.6-3.3

5.6-12.1

7.2

29

3

Blätter Düne zweige bewegen. Wellen Bewegung auf Planzen

3.4-5.4

12.2-19.6

19

76

4

Laub rauscht. Zweige u dünnere Äste bewegen sich.

5.5-7.9

19.7-28.5

41

164

5

Kleine Laubbäume schwanken. Leinen Pfeifen.

8.0-10.7

28.6-38.8

76

304

6

Starke äste sind in Bewegung. Heulen. Pfeifen bei Drahtseilen

10.8-13.8

38.9-49.8

126

504

7

Bäume Komplet in Bewegung. Widerstand beim gehen

13.9-17.1

49.9-61.7

193

772

8

Zweige brechen. Deutliches  gegen lehnen beim gehen.

17.2-20.7

61.8-74.6

238

1132

9

Dachziel heben sich.  Dicke Äste brechen

20.8-24.4

74.7-88.0

393

1576

Hierzu ein Beispiel:
Ein Rokkaku mit 1,8 m Höhe hat etwa 2 qm Segelfläche. Bei 2 Bft Windstärke bringt er beim Start nach Tabelle etwa
2 x 7,2 N = 14,4 N
Zugkraft auf die Leine. Beim Aufstieg steigt die Kraft je Quadratmeter durch die zunehmende Fluggeschwindigkeit an, aber gleichzeitig sinkt die wirksame Segelfläche, der Zug steigt also kaum. Ganz oben steht der Drachen schräg gegen den Wind, das reduziert die wirksame Segelfläche auf etwa 1 qm, also zieht er nur 7,2 N. Aber jetzt erfasst eine plötzliche Bö von 6 Bft den Drachen. Dadurch können gefährlich grosse Kräfte entstehen. Wie kommt das? Zunächst steigt die Windkraft nur auf 126 N, das kann ich ohne Handschuhe nicht mehr halten, aber mein Bodenanker hält das gut. Das Drachengestänge
verbiegt sich unter dieser Last, der Drachen ändert seine Geometrie und beginnt hierdurch zu rotieren. Je schneller er dreht, umso "besser" wird sein Profil, umso schneller dreht, und umso stärker zieht er. Wenn er beim Rotieren in Bodennähe kommt, wird fast seine ganze Segelfläche wirksam. Mit hoher Geschwindigkeit quer durch den Wind jagend zieht er 2 x 504 N, also über 100 Kilo. Lenkdrachenflieger kennen das, zwei 100-Kilo-Leinen für 1,5 qm Drachen sind bei Starkwind ganz normal. Wir Einleiner stehen ungläubig daneben, wenn der kleine Drachen unseren stärksten Kumpel voll durch den Dreck zerrt. Für den Bodenanker unseres Rokkakus sind 100 Kilo vielleicht schon zuviel. Manche Freunde haben ein 10 qm-Teil, die müssen bei einer 8 Bft-Bö mit 10 x 1132 N Schnurlast rechnen, das wäre das Gewicht eines Autos. Man sollte wirklich darüber nachdenken, wie man derart gefährlichen Situationen vorbeugt. Ein Freund hat mir mal geraten: „Da hilft nur das
Messer oder ein Panikhaken". Ich würde eher eine Sollbruchstelle im Gestänge vorsehen, die bricht im Extremfall, dann kann ich den Drachen leicht herabziehen, oder er flattert locker zu Boden. Über Bodenanker gibt es gute Hinweise im Drachenforum.
Bitte denkt auch über Eure Leinen nach. Ein wichtiger Schwachpunkt ist der Knoten am Bodenanker, der halbiert die Reissfestigkeit der Leine. Auch das Alter mindert die Festigkeit der Leinen. Nach zwei Jahren hat eine
PE-Leine (z.B. Spectra) hat nur noch 90% Reissfestigkeit und eine
PA-Leine (z.B. Nylon) hat nur noch 70%. Wir Einleiner fliegen eher PA, nicht aus Geiz, sondern wegen der grösseren Dehnung, die harte Stösse weich abfedert. Kevlar-Leinen sind sehr UV-empfindlich, sie altern besonders
im Sonnenlicht. Strandflieger wissen hoffentlich, feiner Flugsand ist ein böser Leinenkiller. Man sieht den urlaubsgeschädigten Schnüren ihren schwachen Zustand nicht an.

nachOben